Buchbesprechung: Bodo Kirchhoff – Seit er sein Leben mit einem Tier teilt
Eine klare Empfehlung
Im Roman von Bodo Kirchhoff geht es um die fiktive Person Louis Arthur Schongauer, ein Deutscher Darsteller in älteren Hollywood-Filmen (als Nazi in der zweiten Reihe), in denen er meistens den Bösewicht spielen musste. Schongauer hat sich fünf Jahre nach dem Tod seiner Frau zurückgezogen und lebt mit Schuldgefühlen und seiner Hündin inmitten alter Olivenbäume oberhalb des Gardasees. Eine Reisebloggerin strandet beim Wenden mit ihrem Wohnmobil in seiner Zufahrt.
Am nächsten Tag hat sich eine Autorin angekündigt, die eine Artikel über sein Leben schreiben will. Zudem stößt später die Mutter der Reisebloggerin zur Gruppe hinzu. Drei Frauen treten plötzlich fast zeitgleich in sein Leben. Und dann gibt es noch zwei tote Frauen, die ihm immer gegenwärtig sind. Seine einzige Bezugsperson nach seinem Rückzug ist sein Tier…
Bodo Kirchhoff breitet das Innenleben seines 75 Jahre alten Protagonisten im Spannungsfeld zwischen Begierden, seiner Vergangenheit und dem körperlichen Verfall aus. Anfangs als Störung empfunden muss Schongauer sich mit den Umständen arrangieren, erst widerwillig, später durchaus mit Engagement und einer lange nicht mehr gelebten Empathie.
Die Alterserscheinungen Schongauers und dessen Wissen um seine körperlichen Einschränkungen und seine Endlichkeit werden schonungslos beschrieben.
Der Roman bietet eine intensive Beschreibung der Natur am Gardasee und des Wetters in Kombination mit Rückblicken in das Leben Schongauers, welche er nur zögerlich preisgibt. Es sind die beiden Frauen, die durch immer bohrende Fragen Details aus seinem Leben herausfördern. Zuerst antwortet Schongauer ausweichend und mit Gegenfragen, bis er sich seinen eigenen Traumata stellt.
Als Leser habe ich gerne an der Entwicklung der Geschichte teilgenommen. Einige der Beschreibungen des Innenlebens Schongauers kommen mir bekannt vor, obwohl ein großer Altersunterschied besteht. Bodo Kirchhoff hat den Roman mit einem dezenten Spannungsaufbau versehen, der Platz für Reflexion lässt. Wie geht man mit Schuld und Verdrängung um?
Das Kirchhoff schreiben kann, muss ich hier nicht extra erwähnen. Die Geschichte fügt die einzelnen Lebensgeschichten der beteiligten Personen geschickt zusammen und entwickelt sich zu einem Page-Turner. Dabei vermeidet Kirchhoff Klischees und Altherrenfantasien und verfällt teilweise in einen lakonischen und komischen Ton. Das tut der Geschichte gut, da eine über Dramatisierung vermieden wird.
Ein Buch, das nachwirkt und das ich sehr empfehlen kann. Lediglich über das Tier erfährt man wenig…
Was habt ihr beim Lesen von Bodo Kirchhoffs Roman empfunden?
Reiner